„Jugend ohne Gott?“ interreligiöse Fachtagung suchte Antworten
Unter dem Titel „Jugend ohne Gott?“ fand vom 15. bis 16. November im Gemeinderatssaal des Rathauses der Stadt Graz eine interreligiöse Fachtagung statt. Organisiert wurde sie vom Afro-Asiatischen Institut Graz im Rahmen seines Projektes ComUnitySpirit in Kooperation mit der Privaten Pädagogischen Hochschule Augustinum (PPH).
Nach der Einleitung durch Professor Markus Ladstätter und Organisatorin Lisa Weichsler betonte Bürgermeisterin Elke Kahr bei der Eröffnung die Notwendigkeit von Respekt gegenüber allen Religionen und Kulturen für ein gelungenes gemeinschaftliches Zusammenleben in der Stadt Graz und darüber hinaus. Werte, wie sie auch von Religionen vermittelt werden, „bieten Halt, gerade auch jungen Menschen, die nicht orientierungs- und ziellos zurückgelassen werden dürfen“.
Jugendliche als Seismographen religiöser Entwicklung der Gesellschaft
Drei soziologische Studien zeigten am ersten Abend, dass die Jugend sich nicht als homogene Gruppe zusammenfassen lässt. Freiheit und Selbstbestimmung, auch in ihrer Spiritualität, sind unter anderem von Jonas Kolb (Institut für Islamische Theologie und Religionspädagogik an der Universität Innsbruck) als zentrale Anliegen Jugendlicher identifiziert worden. Dazu wurde von Julia Kaff (Institut für Jugendkulturforschung) von einem Wertewandel unter jungen Menschen gesprochen, hin zu Werten, die sich im Alltag bewähren und sich als lebensnah erweisen. Vortragende Renate Wieser (Fachbereich Religion, Interreligiosität und Gender an der PPH) bezeichnete in diesem Zusammenhang Jugendliche als Seismographen für religiöse Entwicklung, welche die Schwingungen der Gegenwart aufgreifen.
Am Podium und im Gespräch mit dem Publikum, unter dem sich u.a. zahlreiche Mitglieder des interreligiösen Beirates der Stadt Graz sowie Fachinspektor:innen und Religionslehrer:innen befanden, war man sich einig, dass Religionen eine wichtige Rolle bei der Vermittlung von Werten und dem Anstoß von Sinnfragen spielen und ein Fokus auf die Bildung von religiöser Urteilsfähigkeit gelegt werden soll.
Religion als sicherer Hafen für Suchende
Am Mittwochvormittag hatten die Teilnehmer:innen die Möglichkeit an einem Jugendstreetwork Spaziergang durch Graz oder der Ausstellungsführung „Jüdisches Leben in Graz“ im Grazer Museum teilzunehmen.
Perspektiven junger Menschen auf ihre individuelle religiöse Sozialisation, das Verhältnis von Jugendlichen zur Religion und wie es gelingen kann, dass sich junge Menschen Religionsgemeinschaften zugehörig fühlen, standen am Nachmittag des zweiten Tages, wieder moderiert von Anna Maria Steiner im Fokus. Sowohl Jugendvertreter:innen aus Religionen, als auch mit Jugendarbeit vertraute Personen hielten fest, dass Religionsgemeinschaften und konfessioneller Religionsunterricht den Jugendlichen als „safe spaces“ dienen, in denen ihnen Angebote zur partizipativen und persönlichen Suche nach erfahrbaren und sinnstiftenden Werten gemacht werden. In einer Zeit des Wertewandels in dem sowohl für religiöse Menschen als auch Atheist:innen in der Gesellschaft Platz sein muss, braucht es daher Resonanzräume für Jugendliche, um religiöse Pluralität zu fördern. Als Follow up wird am 20. März 2023 an der PPH Augustinum zu einem interreligiösen Vernetzungstreffen für Multiplikator:innen in der Jugendarbeit geladen.
Rückfragehinweise an Lisa Weichsler, per Email unter l.weichsler@aai-graz.at und telefonisch unter 0676/87423309