Die Begegnung von Kulturen und Religionen hat in Graz eine gute und in die Zukunft führende Tradition. Die vielen Flüchtlinge des Ungarnaufstandes 1956, die Studierenden aus den Balkanländern, Asien, Afrika und Lateinamerika, die Flüchtlinge des Bosnienkrieges 1991-1995 und zahlloser Bürgerkriege in Afrika, Arbeitssuchende und Wirtschaftstreibende aus dem nahen und fernen Ausland – sie alle kamen nach Graz und gaben der Stadt ein zunehmend internationales und multikulturelles Gepräge. Dass diese Entwicklung ohne große Konflikte erfolgte, ist dem Engagement vieler einzelner, einer an Toleranz und sozialer Gerechtigkeit orientierten Stadtpolitik und nicht zuletzt den Kirchen zu verdanken, die ihre ökumenischen Begegnungen um den Dialog mit nichtchristliche Religionsgemeinschaften erweiterten. Mit Recht trägt Graz daher seit 10 Jahren den stolzen und auf Dauer verpflichtenden Titel „Stadt der Menschenrechte“.
Interkulturelle und interreligiöse Meilensteine auf dem Weg von Graz zu einer Stadt, die lokal das tut, was global wichtig ist, waren 1964 die Gründung des Afro-Asiatischen Instituts als ein Haus der Nationen, Kulturen und Religionen, ein lebendiger christlich-jüdischer Dialog, der zur Wiedererrichtung der Zeremonienhalle am Jüdischen Friedhof (1991) und der Synagoge (2000) führte sowie die 2. Europäische Ökumenische Versammlung (1997) und die Errichtung des muslimischen Gräberfeldes am Zentralfriedhof (2010). Genauso prägend waren der Besuch des Dalai Lama und das Weltbuddhistentreffen 2002 und die von Graz gemeinsam mit der Stadt Sarajevo veranstalte Konferenz „Projekt: Interreligiöses Europa“ im Rahmen des Kulturhauptstadtjahres 2003, in deren Vorfeld Graz als Gastgeberin einer europäischen Konferenz muslimischer Imame wirkte. In Folge der vom Grazer Büro für Frieden und Entwicklung organisierten Konferenz „Projekt: Interreligiöses Europa“ richtete die Stadt einen interreligiösen Beirat als beratendes Gremium der Stadtregierung ein.
Die interreligiöse Konferenz Graz ComUnitySpirit (2013) und ihr Ergebnis, ComUnitySpirit -die Grazer Erklärung zum Interreligiösen Dialog, sind weitere Meilensteine im Dialog der Religionen und dem Bemühen der Stadt Graz um ein friedliches, solidarisches Zusammenleben.
Der aktuelle Interreligiöse Dialog in Graz gestaltet sich lebendig und vielschichtig. Zahlreiche Initiativen und Dialoggruppen sind um ein vertieftes gegenseitiges Verständnis und den Austausch in interreligiösen Begegnungen bemüht. An dieser Stelle seien die interreligiösen Begegnungen in St. Lukas (seit 1997), die christlich-muslimische Dialoggruppe (seit 2012), und das 2013 neu gegründete Grazer Trialogforum stellvertretend für viele erwähnt. Das Trialog- Forum versteht sich als Plattform, die den Trialog der drei abrahamitischen Religionen (Buchreligionen) anregt und pflegt. Bildungsprogramme wie der berufsbegleitende Lehrgang „Interreligiöses und Interkulturelles Lernen“ an der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Graz bieten den Erwerb von Qualifikationen zum kompetenten Umgang mit religiöser und kultureller Vielfalt an. Die Veranstaltungsreihe Sommerakademie „Dialog der Kulturen“ (ab 2014 im Bildungshaus Mariatrost) beschäftigt sich in einem interreligiösen Zugang mit wichtigen Themen wie „der Krieg und die Weltreligionen“.
Dem weiterführenden Projekt ComUnitySpirit-Relgionen und Kulturen im Dialog, der Stadt Graz und den Religionsgemeinschaften sind Dialog, Begegnung und Zusammenarbeit für ein friedliches Zusammenleben der Religionen und Kulturen ein wichtiges Anliegen. So laden wir alle interessierten Bürgerinnen und Bürger dazu ein, sich im Dialog der Religionen und Kulturen zu engagieren und diesen mitzutragen.