Im Rahmen der Eröffnung am 17. Juli werden Rivka Saltiel und Kurtbauer die TeilnehmerInnen und ExpertInnen der Interreligiösen Konferenz Graz 2013 „Com Unity Spirit“ sowie alle geladenen Gäste in die Welt der jüdischen Musik führen.
Traditionelle sephardische Musik, alle Arrangements von Rivka Saltiel (Gesang) und Kurt Bauer (Violine): Traditionelle jüdische Musik aus dem sephardischen Kulturkreis. Lieder in der altspanischen Sprache „Ladino“ über das Leben und die Liebe.
Nach der Vertreibung aus Spanien im Jahr 1492, ließen sich Tausende von sefardischen Juden in den Gebieten des Osmanischen Reiches nieder, wo sie Religionsfreiheit hatten. Über die Jahrhunderte bildete sich aus ihren iberischen Sprachen und Dialekten Judenspanisch, oft Ladino genannt.
Die Musik stammt aus dem sefardischen Repertoire der „kantigas de novia“ – Hochzeitslieder, wie sie über Jahrhunderte in den Gemeinden des östlichen Mittelmeerraums in Ladino gesungen wurden. Die Hochzeit bestand aus einer Reihe von sozialen Ritualen, die alle von Musik begleitet wurden.
Sefardische Lieder sind keine Reste aus dem Mittelalter oder frühe Musik. Interpretationen dieser Musik mit nachgebauten alten Instrumenten und einer modernen Auffassung über die mittelalterliche Musikpraxis wird ihrer Natur nicht gerecht. Viele Lieder haben zwar alte Texte, doch die Sefardim haben oft Lieder aus dem Griechischen oder Türkischen übernommen, bzw. – wie in Marokko – aus dem Arabisch-Andalusischen. Später adaptierten sie populäre französische, italienische und lateinamerikanische Lieder sowie „Schlager“ aus dem Spanien des späten XIX. Jahrhunderts. Sefardische Musik hat zwar keine eigenständige Instrumentaltradition wie die aschkenasische Klezmermusik, doch in jedem Jahrhundert gab es sowohl im osmanischen Reich als auch in Marokko sefardische Meister lokaler Instrumentalmusik, die zu Ruhm gelangten und in den Höfen der Herrscher ihrer Zeit gewürdigt wurden.
Das sefardische Repertoire beinhaltet, wie die meisten Musiktraditionen, viele Arten von Melodien: ältere und neuere, fröhliche und wehmütige, komplexe und einfache. „Romanses“ bzw. „romansas“, narrative Balladen, erzählen lange, verschlungene Geschichten und wurden oft von Frauen a capella gesungen, während sie ihre Hausarbeit erledigten oder ihre Kleinkinder in den Schlaf wiegten. Lieder, die mit dem Jahreszyklus zusammenhängen und die jüdischen Feiertage zum Thema haben, wurden fallweise auch mit Instrumentalbegleitung gesungen. Unterhaltungs- und lyrische Lieder mit ergreifenden bis zu satirischen, humorvollen bis zu tragischen Themen sind in der Regel die neuesten im Repertoire und werden häufig von Künstlern interpretiert
Die Lieder über den Lebenszyklus, darunter Hochzeitslieder, sind meist Jahrhunderte alt. Selbst wenn die Texte aus neuerer Zeit stammen, erinnert die Struktur der Texte an die alte iberische Lyrik oder die Psalmen. Die Liedtexte sind nicht immer fixiert. Dieselben oder ähnliche Strophen kommen in verschiedenen Liedern vor. Auch finden sich ähnliche Texte in osmanisch- und marokkanisch-sefardischen Liedern. Manchmal werden die Refrains in anderen Sprachen gesungen (Ayde ijika mia) oder judenspanische Texte zu lokalen, d. h. türkischen, bulgarischen, Roma-, griechischen oder marokkanischen Rhythmen. Häufig werden ungerade Rhythmen (aksak) verwendet, meist 7/8 (2-2-3) oder 9/8 (2-2-2-3: Oy ke buena ke fue la ora). Viele Melodien wurden im türkischen Makam-System interpretiert, doch diese Praxis ging in den letzten Jahrzehnten fast gänzlich verloren.
Fotos: Beigelegt